0

Hör auf deinen Bauch – vom Bauchgefühl

Ich stehe am Beckenrand und beobachte die Gruppe Mamas und Babys der Schwimmgruppe. Der Kurs ist beinahe zu Ende. Die Kursleiterin trommelt die Mamas samt Zwergen in die Mitte des Beckens zusammen. Sie will zum Abschluss noch einmal alle Babys tauchen lassen. Die Kinder sollen sich „daran gewöhnen“ das es „nichts Schlimmes“ ist, wenn der Kopf unter Wasser ist, sagt sie. Sie schnappt sich Baby Nummer 1. Die Mutter sieht nicht sehr glücklich aus. Das Baby auch nicht. Ich habe von aussen den Eindruck, die junge Mama möchte eigentlich nicht so recht, das ihr 3 Monate altes Baby untergetaucht wird. Sie sagt nichts. Man sieht es ihr an. Aber sie sagt nichts. Oder vielleicht spüre ich es auch nur. Die Kursleiterin macht den Haaransatz des Babys mit ihrer Hand nass. Und auf „1,2,3“ taucht sie das Baby unter, einfach so. Das kleine Würmchen taucht auf, die Augen weit aufgerissen, japst nach Luft und schreit lauthals los. Herzzerreissend. Angst erfüllt. Nicht wissend was da eigentlich gerade passiert ist. Die Kursleiterin gibt das Baby nicht aus der Hand während die Mutter mit traurigem Blick daneben steht. Stattdessen sagt sie „Ist ja nix passiert. Hast du gut gemacht“. Autsch.

Ist ja nix passiert 

Ich muss sofort an den Artikel von Mini an Me – a mom and lifestyle blog denken.

Schmerz ist eine zutiefst individuelle Erfahrung, und dennoch trifft eines immer zu: Niemand möchte damit alleingelassen werden. Warum verlangen wir dann von unseren Kindern, ihren Schmerz runterzuschlucken und „sich nicht so anzustellen“?

Dieser Artikel hat mich sofort berührt. Ihr solltet mal reinlesen. Trösten ist so wichtig.

Zurück zum Schwimmkurs. Obwohl das nichtmal mein Baby ist schnürt es mir die Kehle zu und mein Bauch rebelliert. Ich bin tief erschüttert über das, was sich gerade abgespielt hat und der Satz „Doch, es ist etwas passiert, und das wäre nicht notwenig gewesen“ kommt über meine Lippen. Ich kann einfach nicht anders. Das kleine Menschenkind tut mir so unendlich leid. Und die Mama auch. Und der verachtende Blick der Kursleiterin in meine Richtung ist mir egal.
Aber sie sagt nichts. Auch später nicht, als unser Kurs beginnt übergeht sie die Situation einfach als wäre nichts passiert und ist freundlich wie immer.

Und ich frage mich natürlich, warum lässt man das zu?
Woran liegt es, das wir nicht mehr auf unseren Bauch hören?
Warum hat diese Mama nicht „nein“ gesagt?
Ihrem Blick nach zu urteilen, hat sie ja schon gespürt – es passt einfach nicht. Es war ihr so offensichtlich anzusehen, das sie schon vor dieser Tauchaktion kein gutes Gefühl hatte.
Und trotzdem hat sie es zugelassen.
Aber warum? Weil man nicht „nein“ sagen darf und zu tun hat, was die Kursleiterin sagt?
Oder hat sie sich nicht getraut einfach zu wdersprechen?
Haben wir verlernt auf unser Bauchgefühl zu hören?

Aber was ist sie, diese Intuition? Was ist dieses „Bauchgefühl“?

In·tu·i·ti·o̱n

Substantiv [die]
1. unmittelbares, nicht auf reflektierendes Denken gegründetes Erkennen.
„Ich kann mich auf meine Intuition verlassen.“
2. Eingebung, Ahnung.
„Sie folgte einer plötzlichen Intuition.“

Intuition bedeutet, eine Entscheidung zu treffen, ohne den Sachverhalt genau zu analysieren oder gar zu kennen, sondern sich von seinen Gefühlen leiten zu lassen und „aus dem Bauch heraus“ zu handeln. Ich glaube ja, das es genau DAS ist, was wir unseren Kindern mit auf dem Weg geben wollen. Wir wollen sie leiten und wünschen uns, das sie die Welt entdecken. Das sie spüren und fühlen, was richtig und was falsch ist. Und ich glaube auch, das das bei den meisten Kindern sehr gut funktioniert. Sie verstecken sich instinktiv bei Mama, wenn sie sich in einer neuen Situation befinden. Und sie zeigen sehr sehr deutlich und meistens auch vehement, wenn sie etwas nicht wollen.

Hör auf dein Bauchgefühl

Nur wann verlernen wir, unserem (Bauch) Gefühl zu vertrauen?
Situationen wie die im Schwimmkurs, begegnen mir im Alltag sehr häufig.
Ich war natürlich auch schon öfters die Betroffene, die ihren Mund gehalten hat obwohl sich vieles einfach falsch angefühlt hat. Vielleicht aus Angst? Vielleicht weil ich nicht schnell genug reagieren konnte? Vielleicht auch weil es „sich nicht gehört“.
Heute sehe ich die Dinge etwas diffenzierter.
Ich finde es richtig und auch sehr wichtig „Nein“ zu sagen und auf das
eigene (Mutter)Gefühl zu hören.

Meine Bloggerkollegin Birgit von Muttis Nähkästchen hat mir folgendes dazu geschrieben

Oh ja, da Bauchgefühl. Die Forschung kommt gegenwärtig immer mehr drauf, wie gut und wichtig die Bauchgegend ist. Darm mit Charme eben. – Heute bekommt der Bauch endlich zunehmend den Stellenwert, den er verdient hat!

Ja, so sehe ich das auch, heute DARF man wieder auf seinen Bauch hören. Ich habe das Gefühl, seit ich mit Kind Nr. 1 schwanger war, und das ist jetzt auch schon 13 Jahre her, hat sich einiges getan. Ich erinnere mich noch an den Geburtsvorbereitungskurs, ein Paarkurs. In der letzten Kurseinheit ging es um den Abstand der Wehen, und wann man sich tunlichst auf den Weg ins Krankenhaus machen sollte. Ein Vater fragte allen Ernstes, wie genau er die Zeit messen soll, vom Beginn bis Beginn der Wehe oder Ende und Beginn oder Ende und Ende. Die Hebamme war sichtlich verwirrt, mein Mann und ich ziemlich amüsiert. Sie sagte ihm dann „Hör auf dein Gefühl, du und vor allem deine Frau – ihr werdet wissen, wann es Zeit ist ins Krankenhaus zu fahren. Egal ob der Abstand zwischen den Wehen 5, 8 oder 10 Minuten ist.“ Dieser Vater war sichtlich verwirrt. Mit dieser Antwort hatte er definitiv nicht gerechnet.

bauchgefuehl2

Auch heute noch fällt mir oft auf, das Schwangere und Eltern Erziehungsratgeber und Sachbücher nur so verschlingen. Zu jeden Problem muss es eine adäquate Lösung geben, am liebsten eine Anleitung, eine ToDo Liste, einen Plan. Was mache ich wenn? Wie gehe ich vor? Ist es normal?

Aber einfach auf den Bauch hören? Auf unsere Gefühl, unsere Intuition, unser Herz? Ich glaube wir haben es verlernt. Leider. Denn eigentlich bin ich mir sicher unser Herz und unser Bauchgefühl leiten uns auf die richtigen Wege. Wir müsen nur wieder lernen darauf zu hören und zu vertrauen. Unser (Mutter)Herz sagt uns schon ganz genau, was richtig und was falsch ist. Wenn wir es zulassen uns auf uns selbst mehr einzulassen und unseren Bauch.

XOXO
Michaela

Wie seht ihr das? Habt igr auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Erzählt mir davon.
Keinen Beitrag mehr verpassen? Folge mir einfach auf Facebook.

  • Kindergarteneingewöhnung | so klappt es bedürfnisorientiert und sanft 25. Juni 2018 at 17:02

    […] Ich bin mir sicher, jedes Kind hat sein eigenes Tempo und wie immer hat mir mein Bauchgefühl recht gegeben. Übrigens habe ich auch darüber schon geschrieben, ein berührender Beitrag, den du unbedingt lesen solltest, wenn du ihn noch nicht kennst. Hör auf deinen Bauch | vom Bauchgefühl  […]

  • Birgit LÖwin.g 26. Januar 2017 at 20:51

    Bei der Beschreibung, wie das Baby getaucht wird, ist mir selbst die Luft weggeblieben…. und Bauchgefühl… ja, das ist sooo wichtig…. leider wird man oft erst hinterher g’scheider bzw. kommt mir vor je älter ich werde, umso mehr höre ich drauf…. Hängt vielleicht auch mit Selbstbewusstsein zusammen, ich weiß es nicht.
    Ich unterschreibe jedenfalls jede einzelne Zeile, deines tollen Artikels.
    LG Birgit

  • Anna 1. Januar 2017 at 21:53

    Eine viel häufigere Situation ist allerdings die Kitaeingewöhnunh. Kaum Eltern vertrauen auf ihr Bauchgefühl. Wenn die Erzieherin sagt, wir verlängern jetzt um zwei Stunden und nach 2 Wochen ist idas Kind eingewöhnt, dann fühlen viele Eltern, dass das zu schnell ist, aber kaum jeman traut sich zu eidersprechen.
    Die Erzieher sind die Götter der Kita, was sie sagen ist richtig. Da wird nicht gezweifelt, man will auch keine Weicheimutti sein.
    Dabei kennt niemand das eigene Kind so gut wie man sekbst und wenn das Kind vorher rund um die Uhr bei Mama war, dann ist eigentlich klar, dass 14 Tage viel zu kurz sind.
    Es sollten sich daher mehr Mütter trauen mal das zu sagen und zu fordern, was sie wirklich fühlen. Denn das Kind kann sich nicht wehren und ja, vermutlich überlebt es das auch, wenn man es macht wie die Erzieher sagen, vielleicht gibt es auch keine Spätfolgen. Aber es leidet für Tage und Wochen, hat Angst und fühlt sich verlassen. Das muss nicht sein!

  • Arne 23. Dezember 2016 at 8:59

    Toller Beitrag! Danke dafür. 🙂

    Das Bauchgefühl ist heute mein wichtigstes Werkzeug, auch und vor allem bei der „Arbeit“. Ich möchte Kinder optimal begleiten ohne deren Entwicklung zu stören. Egal ob durch Unter- oder Überforderung. 😉 Wir Menschen sind viel zu individuell als dass es ein fertiges „Rezept“ geben könnte das für jedes Kind passt. Seit mehreren Jahren mache ich nun echt wilde Sachen mit Kindern und mein Bauchgefühl hat mich niemals getäuscht.

    Ich finde es wichtig diese Technik, also wieder zu lernen der Intuition zu lauschen, wieder zu kultivieren. Unser Kopf kann großartiges leisten, aber für manche Entscheidungen, vor allem die, die schnell gehen müssen, ist der Kopf einfach zu langsam. Da braucht es den Bauch, die Intuition oder das Herz – je nachdem wie Du es nennen magst. 😉

    Danke dass Du darauf aufmerksam machst Michaela. 🙂

  • Fragmama ist Netzwerkkultur in Reinform • Mami rocks 10. Dezember 2016 at 7:51

    […] littlebee geht es um Intuition und Bauchgefühl, oder um die tollsten […]

  • Kdidit 1. Dezember 2016 at 8:17

    Ich ‚brauchte‘ mein drittes Kind um genau das zu lernen nd um mich mit mir selbst für meinen inneren Kampf bei meinen beiden großen zu versöhnen. Ich hab mich damals zu sehr davon leiten lassen, wie es ’sein soll‘ mit Kind und wie es bei meiner Schwester war…. ganz übersehen hatte ich, dass ich en ganz anderer Mensch bin und meine Kinder sowieso nicht vergleichbar – weder miteinander noch mit sonst irgendjemanden…. interessanterweise hatte ich das Problem in meiner ersten Schwangerschaft und Geburt so gar nicht, erst danach und natürlich lief da so einiges ’schief‘. Diesem ewigen ‚einer vorstellung‘ nachleben wollen ist immens anstrengend und auch oft zum verzweifeln, weil ständig dein Idealbild in Trümmern liegt. ich hab uns damit wohl einiges an wertvoller Zeit genommen, aber ich hadere nicht damit, denn damit würde ich uns das gleiche heute wieder antun. Es
    War nun mal so, ein Lernprozess, den ich wohl durchmachen musste. Bei Kind nr. 3 konnte ich die Zeit dann genießen, habe alles genommen wie es kam und es ist in meiner Erinnerung das längste und intensivst gelebte erste Lebensjahr meiner Kinder, – und das trotz eines vierjährigen alphatierchens und eines zweijährigen sturköpfchens…. ich möchte die all diese Erfahrungen nicht missen, denn sie haben mich geformt, auch wenn mich in manchen Situationen die Wehmut packt…. aber ich weiß, das war und bin ich und meine Kinder können damit umgehen, zumal vor allem meine große ja auch meinen Wandel hautnah miterlebt hat und ich selbst so viel von mir in ihr erkenne und schon jetzt in jungen Jahren den gleichen Wandel miterlebe.
    Sie alle haben unglaublich viel Bauchgefühl und ein Sensorium dafür, was für sie gut ist, – ich versuche sie darin zu bestärken und dass es sie sich im Bewusstsein halten.

    Danke für deinen Beitrag! ?

    Kathrin

  • Jeannine 22. November 2016 at 22:39

    Liebe Michaela, zunächst einmal vielen Dank für die feine Erwähnung in deinem Artikel und dein Lob! 🙂 Auch mir hat’s die Kehle zugeschnürt bei deinen Schilderungen, und dabei war ich gar nicht live dabei. Ich finde, wir Mütter dürfen ruhig öfter die Löwin rauslassen. Zum Glück hab ich damit kein Problem, im Gegenteil, ich muss drauf achten, dass es nicht „zu viel“ wird – wobei ich mich dann wieder frag, ob das überhaupt geht. 😉 „Mut fassen“, fürs Kind, das ist wichtig. Ich finde, es fällt in allen anderen Bereichen des Lebens schwerer, aufzubegehren und sich stark zu machen, als beim eigenen Kind. Das Zulassen der Mutter ist für mich absolut nicht nachvollziehbar… obwohl ich sonst versuche, emphatisch zu sein. Alles Liebe!

    • Michaela 23. November 2016 at 10:28

      Liebe Jeannine, danke für deinen lieben Kommentar. Du hast so recht, wir sollten, nein, wir Mamas müssen viel mehr Löwin sein und uns auf unsere Intuition verlassen, mir tut das Würmchen immer noch leid, liebste Grüße, Michaela