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Mythen rund ums Stillen – Expertinnen Interview

Mythen rund ums Stillen gibt es viele. Anhand meiner eigenen Stillgeschichten und Erfahrung weiss ich, vieles, das rund ums Stillen erzählt wird, ist ein Mythos. Und weil ich oft meiner eigenen (Still)Erfahrung wegen um Rat gefragt werde, dachte ich mir, ich widme mich endlich einmal hier diesem Thema und lasse jemanden zu Wort kommen, der täglich mit dem Stillen zu tun hat.

Elisabeth Vesely, selbst Mama von 2 (fast) erwachsenen Kindern, ist Krankenschwester auf einer Wochenbett Station in einem Wiener Krankenhaus. Außerdem leitet sie eine Stillgruppe, macht Hausbesuche und hält als selbstständige Aromaberaterin Vorträge über Babypflege.
Ich schätze ihre Expertinnen Meinung sehr, daher haben wir uns gemütlich bei Kaffee und Kuchen über die Mythen rund ums Stillen unterhalten und herausgekommen ist ein schöner Text, der hoffentlich für ein paar Mamis da draußen hilfreich ist.

Liebe Lisa, man liest immer „Stillen ist das Beste fürs Kind“.
Ist das denn wirklich so?

Ja, stillen ist tatsächlich das Beste für ein Kind. Keine Fertignahrung kommt an die Zusammensetzung der Muttermilch zu 100% heran. Die Muttermilch ist in ihrer Zusammensetzung und ihren Inhaltsstoffen immer dem Kind angepasst. So richtet sich die Produktion individuell nach dem Kind, seinem Alter und seinen Bedürfnissen. Natürlich soll das nicht bedeutet, dass Flaschennahrung schlecht ist. Für einen geringen Teil der Frauen die tatsächlich nicht stillen können, ist es natürlich gut, das wir in unserer Entwicklung soweit sind, auch Muttermilchersatz anbieten zu können. Aber es gilt ganz klar – Muttermilch ist der Fertignahrung immer ganz klar vorzuziehen. Und jeder gestillte Tag ist wertvoll. Sollte sich eine Frau, aus welchen Gründen auch immer, dazu entschliessen, nicht zu stillen, empfehle ich in meiner täglichen Arbeit trotzdem, zumindest Kolostrum zu füttern. Und vor allem sanft abzustillen, mit Tees, etc, und nicht mit den sogenannten Abstilltabletten.

Viele Frauen, auch in meinem persönlichen Umfeld, fragen mich, ob Stillen schmerzhaft ist. Gerade beim erste Kind merke ich, wie unsicher Frauen teilweise sind und manchmal auch Angst haben, vor dem Stillbeginn. Wie ist es nun wirklich. Tut Stillen tatsächlich weh? Darf stillen überhaupt weh tun?

Stillen ansich soll nicht schmerzhaft sein. Der Milcheinschuss, also der Milchspedereflex wenn das Kind ansaugt, darf spürbar sein. Manche Frauen empfinden es als unangenehmes ziehen, andere als richtig schmerzhaft, viele wiederum spüren gar nichts. Der spürbare Milchspendereflex vergeht in der Regel nach ein paar Tagen oder Wochen. Die Brust „gewöhnt“ sich ans Stillen. Alles andere, was Frauen oft als Schmerzen benennen, wunde oder offene Brustwarzen, die beim Stillen schmerzen, müssen hinerfragt werden. Oft ist es ein einfacher Fehler der beim Anlegen des Kindes passiert. Am Besten ist es, eine Stillberaterin um Hilfe zu bitten, die sich genau ansieht, ob das Kind gut angelegt ist und wie es saugt. Meine Faustregel lautet, Kind zur Brust, und nicht umgekehrt. Lockeres entspanntes Sitzen, am Besten gut mit Pölstern abgestütze Arme, damit sich die Frau entspannen kann. Und unbedingt Nasenspitze – Brust – Berührung. Dann passt es in der Regel.

Ich höre ganz oft, wenn man stillt, ist man so eingeschränkt. Man kann abends nicht weggehen. Das Kind hängt auch tagsüber ständig an einem. Man ist nicht mehr frei und unabhängig. Wie siehst du das?

Natürlich ist es so, das Babys gerade in den ersten Wochen und Monaten sehr viel Zuwendung benötigen und somit ein abendliches Ausgehen schwer möglich ist, weil das Baby die Mutter braucht. Aber natürlich besteht die Möglichkeit, Milch abzupumpen, mit etwas Vorlaufzeit ist so auch Spontanität möglich. Auf der anderen Seite werden die Abstände zwischen den Stillmahlzeiten regelmässiger und länger je älter das Kind wird. So steht auch dem Frisör- oder Zahnarztbesuch nichts im Wege. Rückblickend, aus meiner eigenen Erfahrung als Mama, kann ich nur sagen, die Zeit, in der unsere Kinder so klein sind, das sie uns auf so eine intensive Art und Weise brauchen, in der es uns erscheint, als ob wir keine Freiheit mehr haben, ist wahnsinnig kurz. Deswegen sehe ich auch keinen Fehler darin, diese Zeit intensiv zu geniessen und auf den Kinobesuch zu verzichten. Sie sind schneller groß und selbstständig als man meint.

Zum Thema Schlafen. Einen Ratschlag, den man als Stillmama immer zu hören bekommt, wenn man erzählt das Baby ist nachts ständig wach –  mit einem Flascherl würde es durchschlafen.
Wahr oder falsch?

Nein, das ist so nicht richtig. Um zu verstehen warum Kinder nicht durchschlafen (können) muss man ganz Grundlegendes verstehen lernen. Ein Babymagen ist bei der Geburt so gross wie eine Murmel. Es passt nicht viel hinein, das muss man sich verdeutlichen. Muttermilch ist sehr einfach aufgebaut, schneller und leichter verdaulich als Flaschennahrung. Ist der Magen leer, kommt der Hunger. Ein kürzer Rhythmus zwischen den Stillmahlzeiten, gerade bei Babys, ist also absolut normal. Ein Fläschen nachts würde daran nicht unbedingt etwas ändern. Zudem kommt natürlich hinzu, das man nachts aufstehen müsste und ein Fläschchen erst richten, während Muttermilch immer und sofort griffbereit ist.

Und zu guter Letzt, weil es wirklich wichtig ist.
Was macht das Stillen mit der Brust? Gibt es auch positive gesundheitliche Effekte für die Frau, die stillt?

Das ist ein sehr wichtiges Thema, denn die meisten Frauen denken, Muttermilch und Stillen ist ausschließlich für das Kind gut. Es stimmt, Muttermilch hat einen mehr als positiven Effekt auf die weitere Entwicklung des Kindes. So ist das Risiko an Diabetes oder Adipositas zu erkranken weitaus geringer als bei Kindern, die nicht gestillt wurden. Außerdem leiden gestillte Kinder viel seltener an Mittelohrentzündungen. Vielen Frauen ist aber nicht klar, das das Stillen einen sehr positiven Effekt auf ihren eigenen Körper hat und auf die Brust. So ist es belegt, das eine Frau, die gestillt hat, ein wesentlich geringeres Risiko hat, an Brustkrebs zu erkranken als eine Frau, die nie gestillt hat. Somit tun wir nicht nur unserer Kindern etwas Gutes, sondern auch uns selbst.

Liebe Lisa, ich danke dir für dieses wunderbare Gespräch. Wir haben soviel gequatscht, die Zeit ist wie im Flug vergangen. Mehr über Lisa und alle Kontaktmöglichkeiten findet ihr auf ihrer Seite.

Wie sind eure Erfahrungen? Kennt ihr noch andere Mythen rund ums Stillen?
Ich freue mich auf eure Geschichten.

XOXO
Michaela

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